Der Bodensatz ist eine Möglichkeit der Banken, aus kurzfristig kündbaren Einlagen Mittel für langfristige Kredite zu kreieren. Da zwischen den kurzfristigen Einlagen und den langfristigen Krediten ein erheblicher Zinsunterschied besteht, ist das für die Banken ein lohnendes Geschäft.
Die Bodensatztheorie ist nicht neu, sie wurde schon Ende des 19. Jahrhunderts von Wagner formuliert. Sie beruht auf der Erkenntnis, dass Bankkunden ihre Einlagen nicht komplett zum frühestmöglichen Termin abrufen. In der heutigen Zeit sieht man das an den Gehaltskonten. In der Regel werden sie nicht sofort nach dem Gehaltstermin geräumt. Es bleibt ein Restbestand, für Verpflichtungen, die erst im Laufe des Monats fällig werden, als Sicherheit für unvorhergesehene Belastungen – die Gründe dafür sind mannigfaltig. Auch Spareinlagen verbleiben größtenteils über den gesetzlichen Kündigungstermin hinaus auf dem Konto. All diese Einlagen – kündigungsreif aber nicht gekündigt – bilden den Bodensatz.
Was nach der Goldenen Bankenregel nicht sein soll, wird durch diesen Bodensatz möglich gemacht: Eine Fristentransformation. Allerdings steckt in dieser Fristentransformation auch ein erhebliches spekulatives Element. Das Volumen des Bodensatzes ist ja nicht mit Sicherheit vorhersagbar. Zwar kann das Gesetz der großen Zahl eine Prognose über den Umfang des Bodensatzes erlauben, aber über dem zukünftigen menschlichen Verhalten liegt prizipiell der Schleier des Unbekannten. Wenn sich die Bankkunden also entschließen sollte, ihre Konten zu räumen – etwa um Hamsterkäufe zu tätigen – dann kann eine Bank in ernsthafte Liquiditätsschwierigkeiten kommen.